Ein Film. Tante storie

Jannis Lenz und sein Film „Soldaten weinen nicht“

Der Dokumentarfilm „Soldaten weinen nicht“ vom deutschen Regisseur Jannis Lenz gewann bei FINAL TOUCH#4*, einem Branchenprogramm der IDM Südtirol/Alto Adige, am Bolzano Film Festival Bozen 2019 den Cine Chromatix Post-Production Prize und konnte damit Postproduktionsleistungen von Cine Chromatix Italy in Höhe von 5.000 Euro in Anspruch nehmen.

Jannis Lenz, über ein Jahr ist vergangen, nachdem ihr bei BFFB 2019 den Preis FINAL TOUCH#4* erhalten habt. Was hat euch dieser Preis gebracht?

Jannis Lenz:  Er hat uns in vielerlei Hinsicht etwas gebracht. Zum einen war es so, dass das Feedback uns sehr geholfen hat und zum anderen war dieser Schritt nach draußen in die Branche für uns sehr wichtig, uns nicht vor der Konfrontation zu scheuen, sich zu trauen, Meinungen einzuholen. Man ist da ja eher vorsichtig, wann man das erste Mal an die Öffentlichkeit geht und in gewissen Phasen kann das unangenehm sein und da war es für uns so, dass es eine erste Hürde war, die wir genommen haben. Dafür sind wir belohnt worden. Der Preis half uns jetzt natürlich auch weiter, budgetär gedacht. Es war ja sowieso ein sehr klein aufgestelltes Projekt, ein Abschlussfilm an der Filmakademie Wien, da hilft jeder Euro.

Ahmet, der Hauptprotagonist des Filmes, war schon einmal Protagonist in einem deiner Filme. Der Film „Soldaten weinen nicht“ ist nun ein hybrider Film, zwischen Spielfilm und Dokumentarfilm, dramaturgisch begleitet von Tizza Covi. Was bedeutet das genau?

Jannis Lenz: Den Ahmet kennengelernt habe ich tatsächlich in einem Boxstudio. Ich drehte einen Kurzfilm über einen Boxer, der ein Antigewalttraining absolvieren muss und habe mich dann in diesem Studio für die Recherche meines Abschlussfilmes umgeschaut. Und weil ich dann irgendwann mal Probleme hatte mit den Schauspielern, die so tun als wären sie Boxer, dachte ich, ja warum eigentlich nicht einen Boxer nehmen. Und ich fand Ahmet auch eine sehr spannende Figur.

Die Idee zum Film kam mir in einem Moment, als mein Sohn so 2 Monate alt war, und Ahmet mal bei uns zuhause vorbeikam, direkt nach der Arbeit, um meinem Sohn mal Hallo zu sagen – und er stand dann vor unserer Tür mit seiner Soldatenuniform. Da ist mir erst bewusst geworden, dass er Soldat ist, und dass ich ihn so auch gar nicht eingeordnet hatte. Das klassische Bild, dass man von einem Soldaten hat, das hat für mich so gar nicht gepasst, weil er so ein lockerer Typ war und für jeden Spaß zu haben war. Das hat mich fasziniert und dann hatte ich auch diese Überlegung, ja warum nicht einfach ihn in seinen Lebensbereichen begleiten, weil da so viel Spannendes zusammenkommt. Also einmal seine erfolgreiche Boxkarriere, dann seine Arbeit als Soldat beim Heer, wo er Diplomkrankenpfleger ist – also im Zweifelsfall ist er derjenige, der die Leute gesund macht und nicht verletzt. Und dann eben auch der Background seiner Familie, die Herkunft aus der Türkei, was auch ein Spannungsfeld sein kann und gleichzeitig auch seine Leidenschaft für die Schauspielerei, was extrem viel ausmacht in diesem Feld: Das Auseinandersetzen mit Gefühlen, in verschiedene Rollen schlüpfen. Da war so viel da und wir haben dann sehr dokumentarisch gedreht – der Großteil ist dokumentarisch angelegt, wenn dann haben wir nur bestimmte Dinge angeleiert. Es gibt dann Sequenzen, die bewusst stilisiert sind und bewusst als solche hervorgehoben sind, die durch Musik und durch die Kameraführung erkenntlich sind – um eben auch bewusst zu machen, was das ist, wenn man in Rollen schlüpft.

Welchen Weg wird der Film jetzt nehmen?

Jannis Lenz: Wir schauen jetzt noch in der Postproduktion das Beste herauszuholen, wir haben durch den Lockdown im Frühjahr etwas Zeit gewonnen. Wir hoffen dann, dass der Film auf Festivals laufen wird mit Publikum und Kino.

(Angelika König)

FINAL TOUCH#5 geht 2020 vom 19. bis 20. November in die fünfte Runde – das erste Mal ausschließlich Online. Vier Filmprojekte kommen zum Zug, darunter eine Südtiroler Produktion.

*FINAL TOUCH – so heißt das Branchenprogramm von IDM Südtirol/Alto Adige und Bolzano Film Festival Bozen, das Filmemacherinnen und Filmemachern die Möglichkeit gibt, ihren Film in Rohfassung einer Expertenrunde vorzulegen und ein hochqualifiziertes Feedback für Postproduktion und Schnitt, Einschätzung zu Marktpotenzial, Vertrieb und Finanzierung zu bekommen. Seit 2016 findet dieses Programm jährlich am Bolzano Film Festival Bozen statt, 2019 hieß das Gewinnerprojekt „SOLDATEN WEINEN NICHT“ von Jannis Lenz. Weitere Teilnehmer waren Antonio Di Biase (IT) mit IL PASSO DELL’ACQUA, Markus Mörth (AT) mit DIE GRAZER GRUPPE und Stefano Lisci mit LUCA+SILVANA.

Prämierung 2019 Bolzano Film Festival Bozen, mit Produzent David Bohun (Panama Film)

Jannis Lenz, Regisseur (Foto: Sixpackfilm)

Jannis Lenz studierte Regie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien, wo er auch als Assistent für die Regieklassen von Wolfgang Murnberger und Michael Haneke arbeitete. Seine ersten Kamera- und Regieerfahrungen sammelte er, indem er sich selbst und seine Freunde bei „Le Parkour“, einer Performing Art im urbanen Umfeld, filmte. Während seines Studiums an der Filmakademie Wien lernte Lenz unter anderem von Dozenten wie Abbas Kiarostami, Andreas Dresen und Jessica Hausner. Er besuchte das Max-Reinhardt-Seminar Wien als Gaststudent für Theaterregie und Schauspiel, erhielt das START-Stipendium für Filmkunst vom Österreichischen Kulturministerium und ist offizielles Mitglied der European Film Academy.

Filmstill: „Soldaten weinen nicht“

Filmstill: „Soldaten weinen nicht“

Kurzfilm „Schattenboxer“

Kurzfilm: „Schattenboxer“

 

Expert*innen FINAL TOUCH#4: Birgit Oberkofler, Sergio Fant, Nina Kusturica, Catia Rossi, Nikolaj Nikitin, Florian Geisler

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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